Walsertum

Walsertum

Die Landschaft Davos (mehr zur Geographie) weist eine Fläche von 284 km² auf und ist damit flächenmässig die grösste Gemeinde der Schweiz.
Die politische Gemeinde Davos ist unterteilt in 6 Fraktionsgemeinden: Dorf, Platz, Frauenkirch, Glaris, Monstein und Wiesen. Diese bildeten sich aus dem Zusammenschluss von Einzelhöfen und von Nachbarschaften. Sie hatten früher die Funktion einer Selbsthilfeorganisation. Heute haben die Fraktionsgemeinden immer noch das Recht, Steuern einzuziehen. Zu deren Aufgaben gehören das Bestattungs- und das Kindergartenwesen.

Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgte die Besiedlung der Landschaft Davos durch einwandernde Walserfamilien. Die Walser stammen aus dem deutschsprachigen Wallis. Vermutlich aus einer Überbevölkerung heraus erfolgte eine gezielte Aussiedlung ins Aostatal, ins Pomat und nach Bosco Gurin, die einzige deutschsprachige Gemeinde im Tessin. Durch verwandtschaftliche Beziehungen der damaligen Feudalherren im Wallis und in Graubünden wurden auch Walsersiedlungen in Graubünden, im St. Galler Oberland, im Fürstentum Liechtenstein und im Vorarlberg (bis ins kleine Walsertal) gegründet

Urkundliche Zeugnisse, die bereits um 1160 einsetzen, sowie romanische Orts- und Flurnamen, weisen auf eine rätoromanische vorwalserische Besiedlung von Davos hin. Die Einwanderer liessen sich an 12 (~14) weit auseinanderliegenden Örtlichkeiten, sogenannte Höfe, in der Landschaft Davos vom Laret bis Monstein nieder.

Die Davoser Walser erhielten im Jahre 1289 von den Freiherren von Vaz einen Lehens- und Schutzbrief, der ihnen eine weitgehende, für die damalige Zeit sensationelle Selbstverwaltung zusicherte. So wurde ihnen das «Gut zu Davos» zu ewigem Erblehen überlassen. Auch stand ihnen die niedere Gerichtsbarkeit, die Wahl des Landammanns und die Rechte auf Jagd und Fischerei und auf die Nutzung der Alpen zu. Die Walser verpflichteten sich in der Urkunde, als Gegenleistung für all diese Rechte, jährliche Abgaben in Naturalzinsen (Käse, Schafe, Tuch und Fische) oder den Gegenwert in Geld zu entrichten. Diese Zinsen hatten die Davoser gesamthaft zu leisten. Die einzelnen waren in Wirklichkeit dem Ammann zinspflichtig, der seinerseits dem Oberherrn gegenüber verantwortlich war. Auch wurden die Walser zu Kriegsdienstleistungen zugunsten ihrer Feudalherren verpflichtet. Die Besiedlung hatte zum Ziel, den Machtbereich der Feudalherren zu erweitern, dünnbesiedelte meist hochliegende Gebiete zu kolonisieren und ein schlagkräftiges Potenzial an Kriegsleuten aufzubauen, insbesondere gegen den Bischof von Chur, dessen Macht bis nach Meran im Südtirol reichte.

Bis heute kann man kulturell recht grosse Unterschiede zwischen den Romanen und den Walsern feststellen. Beispiele: Durch die Besiedlung der höher gelegenen Gebiete lebten die Walser in Einzelhöfen, in Streusiedlungen oder in Weilern, die Rätoromanen hingegen in Dörfern. Durch Rodungsarbeiten und durch die Höhenlage bedingt bauten die Walser Blockhäuser und Holzhäuser (die Rätoromanen Steinhäuser). Das einsame und karge Leben und die besonderen Freiheitsrechte prägten die Walser nachhaltig. Oft stellt man bis in die heutige Zeit einen ausgeprägten Individualismus fest.

Spezifisches zu Monstein

Monstein ist eine verdichtete Streusiedlung, in Form eines Strassendorfes, mit ca. 170 Einwohnern. Es besitzt 2 Kirchen, die beide der evang. reformierten Landeskirche angehören. Bis 1613 waren die Monsteiner Mitglieder der Kirchgemeinde Glaris. Die eigene Kirche konnte jedoch erst 1670 eingeweiht werden. Von den 2 Glocken musste die eine derart unrein geklungen haben, dass die Glariser spotteten: die Monsteiner haben «an glismati Glogga mit emena hölzerna Hale» (eine gestrickte Glocke mit einem hölzernen Klöppel). Im Jahre 1885 wurden sie durch 2 neue ersetzt. Der Turm war aber dieser Belastung nicht gewachsen und die Glocken durften nicht mehr geläutet werden.Die Monsteiner beschlossen, eine neue Kirche zu bauen. Der Standort für die neue Kirche gab viel zu reden. Schlussendlich obsiegten die Befürworter für den heutigen Standort. Damit wurde die alte Kirche vom Abbruch verschont. 1898 konnte die neue Kirche eingeweiht werden. Die alte Kirche wurde von 1900 bis 1958 als Feuerwehrlokal benutzt. Seit der Renovation von 1976 steht sie für Trauungen, Gemeindeversammlungen, Vorträge und Ausstellungen zur Verfügung.

Das 1644 erbaute «Gretahuus» weist einen «Seelapalgge» auf. Dieser wurde bei einem Todesfall geöffnet, damit die Seele des Verstorbenen entweichen könne. Auch ein Keilbrett ist von aussen gut zu erkennen. Dieses wurde benutzt, um die durch die Wärme und Alterung schwindende Bretterlage im Innern des Hauses wieder zusammenzufügen. Damit wurde erreicht,dass die Bodenbretter wieder dicht lagen und der Schmutz nicht durch die Fugen ins Untergeschoss gelangte. Das älteste Gebäude in Monstein, das Postgebäude, weist die Jahreszahl 1562 auf. Der «untere Hof» soll noch älter sein, doch sind leider keine Dokumente auffindbar.

Auf der Strasse zur Säge begegnet man einem unter Schutz stehenden «Spiicher». Davon hat es noch einige in Monstein. Sie dienten dem Lagern von Getreide. Noch im 2. Weltkrieg wurden an den steil abfallenden Halden gegen den Monsteinerbach Getreide, vorwiegend Roggen und Gerste, angepflanzt. Dieses Getreide wurde in den Spiichern zur Nachreife aufgehängt. gedroschen und eingelagert. Diese «uufgetröölte» (aufrollen) Rundholzbauten weisen zwischen den Baumstämmen Fugen auf, damit der Wind den Spiicher richtig durchlüften kann. Auch die Lage an der Kante eines Geländeabsatzes fördert wegen der hangseitigen Aufwinde die Durchlüftung dieser Gebäude. Die zum Schutz vor Bodenfeuchtigkeit auf Holzbeinen stehenden Spiicher wurden durch dazwischengefügte flache Steinplatten (Wallis etc.) mäusesicher gemacht. Da in Monstein keine geeigneten Steinplatten vorhanden sind, wurden breite, flach gehauene Holzbalken verwendet.

Die leicht ansteigende Forststrasse erlaubt einen Blick auf Monstein und auf die steil abfallenden Halden, in denen früher Getreide und Kartoffeln angepflanzt wurden. Die jetzt mit Gras überdeckten ehemaligen Äcker sind gut sichtbar. Die Bearbeitung («haue») erfolgte von unten nach oben. Dadurch wurde die Erde von oben nach unten bewegt. Jedes Jahr musste deshalb die Erde wieder nach oben transportiert werden. Man nannte diese Arbeit. «uufhäärde» oder «uuffläsche». Für diese Arbeit wurde am oberen Rand des Ackers eine gut verankerte «Flasche» (Umlenkrolle) montiert. Die eine Person zog mit der leeren «Stossbära» oder «Stoossbänna» (Schubkarren) die andere mit Erde gefüllte und von der 2. Person geführte Karre am Seil nach oben. Diese der Sonne zugewandten Hänge waren für den Anbau der lebenswichtigen Nahrungsmittel Getreide viel geeigneter als die fast horizontale Ebene darüber und daher auch mehr wert.

Das Walserhaus

Eines haben die verschiedenartigen «Heimetji» alle gemeinsam: Sie bestehen aus sonnengebranntem Holz, haben kleine Fenster und weisen je nach Gegend einen kleineren oder grösseren Maueranteil auf (Safien, Vals). In unserer Region ist das reine Holzhaus aus einem Rundholz- oder Kantholzstrick das Typische. In Davos und im Prättigau herrscht das drei  Raum tiefe Walserhaus vor. Über den mittleren Raum tritt man ins Haus ein. Ursprünglich offen bis zum Dach waren hier die russgeschwärzte Küche und dieTreppe untergebracht. Von der offenen Feuerstelle aus wurde der benachbarte Stubenofen eingefeuert. Der talseitige Raum beherbergt die Stube, in welcher gegessen, gearbeitet und ausgeruht wurde (z.B. Gaststube im Veltlinerstübli in Monstein). Seitlich der Stubentüre befinden sich das eingebaute Buffet mit dem «Chachlagschtell» und der gemauerte Ofen mit dem «Ofastägli», über welches man die darüberliegende «Chammra» erreicht. Der bergseitige Raum diente der Vorratshaltung. Im oberen Geschoss befinden sich die Schlafräume. Beim zwei Raum breiten Walserhaus werden seitlich mit der «Zuachammra» weitere Räumlichkeiten angehängt.

Literaturverzeichnis:

Kaspar Jörger        Davos kurz und bündig,
Andreas Laely        Davoser Heimatkunde,
Max Pfister             Davos,
Georg Budmiger    Die Walser,
Davoser Revue      Nr. 1 März 1997
Alex Wilhelm          Das Walserhaus,
Paul Zinsli              Walser Volkstum.

01.12.07 PS.wg

Aktuelle Artikel