Die Grubenverzeichnis am Silberberg
Die älteste zeichnerische Darstellung des Silberberges stammt vom Tiroler St. Geissler aus dem Jahre 1611; darin sind vier Stollen eingezeichnet. Weiter sind zwei flache Risse (Projektion auf die Ebene des Ganges) des Bergwerkes, gezeichnet von Bergmeister Georg Landthaler, aus dem Jahre 1816 und 1822 vorhanden (Grubenbau, Flacher Riss ).
Aus der Periode Pelissier liegen ein flacher Riß mit Grundriß und ein NS-Profil, Darstellungen der Bauten im Schwabentobel und des Rosaliastollens aus dem Jahre 1847, Pläne der Gebäude im Schmelzboden sowie eine Übersicht der ganzen Anlage vor.
Am Silberberg sind von NE nach SW folgende Grubenbauten vorhanden:
- «Der Rosaliastollen», 1620 m ü. M., Länge 107 m, gegen S 50° E vorgetrieben, bei m 50 kurze Abzweigung gegen S, Ende des Stollens im steil S-fallenden tauben Trochitendolomit; Schürfung im Ausbiß des Dolomites (oberhalb des Weges); angelegt von der französischen Gesellschaft.
- «Schwabentobel» (Mine Louis-Philippe), 1620 m ü. M., Stollen von der französischen Gesellschaft gegen S 35° E, 35 m, senkrecht zum Streichen des Nebengesteines vorgetrieben, hinten nach NE und SW in den fast tauben Trochitendolomit auf etwa 15 m verhauen; 20 m über dem Stollen im Ausgehenden des vererzten Lagers, alter Tagbau.
- «St. Anna», 1690 m ü. M., rund 250 m östlich des Tälitobels, in einer Waldschneise als überwachsene Pinge (eingestürzter Stollen) schwach erkennbar alter Bau.
- «Hüttenstollen oder Oberer Neu-Hoffnungsstollen», wenig östlich des E-Randes des Tälitobels kreuzt der Weg nach Jenisberg eine flache, steil zum Tälitobel abfallende Rinne; 1645 m ü. M. hart östlich am Weg ist in dieser Rinne die schwach ausgeprägte Pinge erkennbar, nach dem Grubenriß senkrecht zur Bankung des Trochitendolomites (T) 50 m vorgetrieben; wurde, um zu einem älteren Abbau zu gelangen, zu Beginn der Tätigkeit der Bündner Gesellschaft angelegt und später aufgegeben. Die Franzosen haben von da aus einen Abbau abgeteuft, der 1839 mit dem Neuhoffnungsstollen durchschlägig wurde.
- «Neu-Hoffnungsstollen oder Unterer Neu-Hoffnungsstollen», Pinge unterhalb der Stelle, wo der Weg aus der genannten Rinne gegen E ausbiegt. 1620 m ü. M., verstürzt, senkrecht zum Streichen des Trochitendolomites; von den Alten angelegt, unvollendet; 1808 fortgesetzt. Länge 110 m. Man wähnte sich zu früh im erzführenden Dolomit, so daß der Stollen nördlich von diesem 110 m nach links und rechts verhauen wurde, wobei man natürlich kein Erz fand. Als man den Stollen senkrecht zur Bankung weiter vortrieb, wurde ein großer, alter Abbau angefahren.( kann auf der Tageswanderung besucht werden).Die folgenden Abbaue 6-10 setzen in dem am E-Hang des Tälitobels ausstreichenden Trochitendolomit auf und folgen diesem im Streichen gegen NE.:
- «Fundgrube», kleiner, alter Abbau, ein Teil der Zimmerung noch vorhanden.
- «Schafstollen», dicht unter Fundgrube, unbedeutend, alter Bau; in 6) und 7) wenig Erz.
- «Geissstollen», 60 m lang, nur Spuren von Erz, z. T. alt, es wurde kein Abbau unternommen.
- «Hilfsstollen», auch Hülfsstollen oder «der lange Michael», 1563 m ü. M., 350 m lang, am Eingang verstürzt, nach Grubenriß kein Abbau vorhanden (beim «Tribihus»).
- «Dalvazzer Stollen», 185 m lang, Mundloch* (Plan) begehbar, hinten Absturz in den Dalvazzer Schacht, im hintern (östlich), nicht mehr gangbaren Teil der ausgedehnte Dalvazzer Firstenbau; zwischen 9) und 10) ein Tagbau, Galerie Guillaume; gegenüber von 10) am Westufer des Tälibaches ein kleines Kluftloch im tauben Trochitendolomit. Alles heute noch gut sichtbar.
- «Tiefenstollen», mündet hart am E-Ufer des Baches unter der großen Schutthalde, 180 m lang, davon 100 m im Lager; wurde schon von den Alten schräg auf das Lager vorgetrieben; nur noch der Eingang begehbar, 1812 bis 1814 wurde dieser Stollen verlängert, der Firstenbau betrieben und ein Abbau abgeteuft. Die Arbeiten waren durch die starke Wasserführung sehr beeinträchtigt.
- «Andreasstollen», Mundloch am Tälibach, 260 m lang. Richtung S 35° E quer zum Streichen vorgetrieben. Auf der ganzen Länge des noch begehbaren Stollens war keine Zimmerung notwendig; starke Wasserführung. Der Stollen wurde 1813 begonnen und Ende 1824 mit dem abgeteuften Bau des Tiefenstollens, für dessen Entwässerung er hauptsächlich gebaut worden war, durchschlägig. Kosten 12 000 fl. Vom Stollen aus ist das Lager 20 m gegen NE und 120 m gegen SW aufgefahren, aber nur wenig Erz angeschürft worden. Dieses wurde mittels eines kleinen Firsten- und eines Tiefbaues abgebaut.
Die Grubenrisse zeigen, daß außer den vom Tag her eingetriebenen Stollen im Berginnern verschiedene, aber nicht mehr zugängliche Abbaustrecken vorhanden sind.
Dalvazzer- und Andreasstollen sind durch den Dalvazzer-Schacht verbunden. Der Firstenbau (Abbau von unten nach oben) war die übliche Abbauart. Die Grubenaufschlüsse erstrecken sich auf eine Höhe von 270 m. Durch einen großen Teil der Stollen wurde, wie das Fehlen von Abbaustellen in den Grubenrissen vermuten läßt, kein Erz aufgeschlossen.
Die verschiedenen Grubenbauten entstanden zu verschiedenen Zeiten. Bergrichter Gadmers Mitteilungen weisen darauf hin, daß damals (um 1588) im Schwabentobel und am Osthang des Tälitobels im Ausgehenden des Lagers gearbeitet wurde. Die Hauptarbeiten, die in der Fortführung eines Teils der alten Bauten und in der Neuanlage des Andreasstollens bestanden, wurden zwischen 1807 und 1836 ausgeführt. Die Französische Gesellschaft hat auf der Nordseite des Landwassertales, gegenüber von Monstein mit zwei Stollen geschürft (Galerie Agnes). Der eine, 10 m lang, ist noch vorhanden; er liegt NW vom «L» des Wortes Landwasser zwischen Schmelzboden und Ardüs im völlig tauben Trochitendolomit, 1600 m ü. M.
Der Andreasstollen diente zur Förderung des tauben Materials, das Erz gelangte durch den Dalvazzer-Schacht zur Poche. Um aus dem Tiefbau des Andreasstollens das Wasser zu entfernen, war ein zur Zeit noch gut erhaltenes Wasserrad von 3,6 m Durchmesser notwendig, dessen Treibwasser durch den Dalvazzer-Schacht zugeführt wurde. Nach F. v. Salis waren schon um 1860 außer dem Andreas- nur noch der Tiefen- und der Neu-Hoffnungsstollen fahrbar.
Eduard Escher (1935)